Jeder Angriff im Namen der Religion wirft die Frage nach der Rolle des Glaubens in der Gesellschaft auf. Einige neigen dazu, Religion als Quelle von Konflikten und Gewalt zu betrachten, und befürworten daher ihre Beseitigung aus dem öffentlichen Leben. Im Gegenteil: Papst Franziskus bietet in seiner jüngsten Enzyklika Fratelli tuttiDas Buch ist eine positive und hoffnungsvolle Vision des Beitrags der Religionen zu menschlicher Brüderlichkeit und Frieden. Sie ist eine der tiefsten Sehnsüchte des menschlichen Herzens und wird nicht spontan erreicht, sondern erfordert den Beitrag von Einzelpersonen und Institutionen. Die Enzyklika befasst sich mit dieser Frage auf drei Ebenen: Sie zeigt die Wurzeln einer Gewalt auf, die fälschlicherweise mit der Religion in Verbindung gebracht wird; sie erinnert daran, dass die Werte des echten Friedens in der Religion zu finden sind; und schließlich behauptet sie, dass der Beitrag der Religionsgemeinschaften zum Frieden die Achtung der Religionsfreiheit voraussetzt.
Franziskus verurteilt den Terrorismus in all seinen Formen und Ausprägungen. Die Gewalt beruht nicht auf religiösen Überzeugungen, sondern auf deren Entstellung. Benedikt XVI. hat bereits daran erinnert, dass der Fundamentalismus eine Verzerrung der authentischen Religion ist und entsteht, wenn die reinigende Rolle der Vernunft außer Acht gelassen wird. Der Schlüssel zur Unterscheidung zwischen dem, was wirklich religiös ist, und dem, was es nicht ist, liegt in der uneingeschränkten Achtung der Menschenwürde. Zweitens gibt es einen unbestreitbaren Zusammenhang zwischen den Lehren der großen religiösen Traditionen und den mit dem Frieden verbundenen Werten. Die meisten heiligen Schriften und ihre Traditionen enthalten Botschaften der Eintracht. Außerdem kann die religiöse Ethik Haltungen wie Demut, Geduld und Mitgefühl fördern, die für die Förderung des Friedens von grundlegender Bedeutung sind. Ein authentisches religiöses Leben muss Früchte des Friedens und der Brüderlichkeit hervorbringen, denn die Religion stärkt die Verbindung mit dem Göttlichen und eine solidarischere Beziehung zwischen den Menschen.
Schließlich bekräftigt der Papst, dass die Anerkennung Gottes immer ein Gewinn für unsere Gesellschaft ist; im Gegenteil, der Entzug der Religionsfreiheit führt dazu, dass die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Von grundlegender Bedeutung ist auch die Rolle der religiösen Führer, die dazu berufen sind, an der Friedenskonsolidierung mitzuwirken, und zwar nicht als Vermittler, sondern als echte Vermittler, die nichts für sich behalten, weil sie wissen, dass der einzige Gewinn der Frieden ist. Fratelli tutti ist ein entscheidender Beitrag, um die Rolle der Religionen zu bekräftigen. Sie sind dazu aufgerufen, einen dauerhaften Frieden zu schaffen.
Professorin an der Juristischen Fakultät der Internationalen Universität Katalonien und Direktorin des Instituts für höhere Familienstudien. Sie leitet den Lehrstuhl für Solidarität zwischen den Generationen in der Familie (Lehrstuhl IsFamily Santander) und den Lehrstuhl für Kinderbetreuung und Familienpolitik der Stiftung Joaquim Molins Figueras. Außerdem ist sie Prodekanin der juristischen Fakultät der UIC Barcelona.