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Eine spirituelle Ader durch Österreich: die Pilgerwege nach Santiago de Compostela

Die Jakobswege führen von weit entfernten Orten durch Europa und laufen auf einigen Hauptachsen zusammen, die zum Grab des Apostels in Compostela führen. Die Omnes-Leser kennen diese bereits aus Schweden, Deutschland und Frankreich. In diesem Artikel stellt Dr. Alfred Berghammer die Routen in Österreich vor, für die er ein Experte ist.

Alfred Berghammer-14. August 2021-Lesezeit: 5 Minuten
Straße in Österreich

Foto: Kurz vor der Ankunft in Salzburg. ©Alfred Berghammer

VORHERIGE ANMERKUNG: Der deutsche Originaltext ist wie folgt zu lesen hier. Die spanische Fassung wurde von Alfonso Riobó geschrieben.

Ein gut beschriebener und ausgeschilderter Pilgerweg zieht sich über fast 800 Kilometer durch ganz Österreich, von seinem östlichen Ende (Wolfsthal) bis zu seinem westlichen Ende (Feldkirch). Wie die Verzweigungen feiner Adern münden die verschiedenen Nebenflüsse in diesen Hauptarm des Jakobsweges. Dazu gehört der burgenländische Jakobsweg, in den früher eine Variante des ungarischen Jakobsweges mündete. Von Norden her kommt der Weinviertler Jakobsweg. Von Böhmen und Baivera aus wird der Hauptast über den Oberen Mühlviertler Jakobsweg erreicht. Von Süden her, in der Nähe von Innsbruck, führt der Südösterreichische Jakobsweg nach Slowenien, Kärnten, Ost- und Südtirol.

Stift Göttweig. ©Alfred Berghammer

Die "Perlen" der Straße

Wie komme ich zu der Behauptung, dass es sich um eine geistige Arterie handelt? Ich spreche nicht von den Auswirkungen, die ein Pilgerweg auf jeden Wanderer in Bezug auf Stille, Kontemplation und Reflexion über das eigene Leben hat, auch wenn man sich (noch) nicht zu den Gläubigen zählt. Ich beziehe mich vielmehr auf die Perlen des Weges, d.h. auf viele der berühmtesten und bedeutendsten Heiligtümer Österreichs. Ich erwähne sie nur als Beispiel, denn ihre Zahl ist sehr groß. 

Der erste Höhepunkt des Weges ist der Stephansdom in Wien, der auch immer wieder als Nationalheiligtum Österreichs bezeichnet wird. Anschließend besucht der Pilger eine Auswahl der schönsten Klöster Österreichs, wie Göttweig und Herzogenburg in Niederösterreich, St. Florian und Lambach in Oberösterreich oder Fiecht und Stams in Tirol. Diese Klöster und andere spirituelle Häuser stellen ihre Räume gerne den Pilgern zur Verfügung. Immer wieder stößt man auf beeindruckende Wallfahrtsorte, von denen ich hier - wieder nur als Beispiel - Maria Taferl in Niederösterreich, Maria Plain in Salzburg oder Georgenberg in Tirol nenne. 

Darüber hinaus bemühen sich viele Ortschaften, den durchreisenden Pilgern mit Hilfe von Tafeln und Bildern wertvolle Anregungen für den Camino zu geben. Als Beispiel möchte ich den Abschnitt des Camino von Gnadenwald nach Hall in Tirol nennen, mit vielen schönen Gedanken und Sprüchen. Eine davon möchte ich hier erwähnen, weil sie vielleicht dazu ermutigt, den Jakobsweg zu gehen: "Glücklich sind die, die nach einem sinnvollen Leben hungern und dürsten, denn ihr Hunger und Durst wird gestillt werden. Wenn man immer tut, was man immer getan hat, wird man immer bekommen, was man immer bekommen hat" (Paul Watzlawick). Soviel zu den spirituellen Aspekten, die keinen Wanderer auf diesem Jakobsweg gleichgültig lassen werden.

Atemberaubende Landschaften

Die Beschreibung des österreichischen Jakobsweges wäre jedoch mehr als unvollständig, wenn ich nicht auch die Schönheit der Landschaften genießen würde. 

Sie beginnt in den Donauauen bei Hainburg, führt durch die Kaiserstadt Wien, durch den Wienerwald und donauaufwärts durch das Weltkulturerbe der Wachau nach Linz.

Nach der Fahrt durch das bezaubernde Hügelland Oberösterreichs erreichen Sie eine der schönsten Städte der Welt, Salzburg. Nach der Durchquerung der bayerischen Grenzregion Rupertiwinkel führt die Route entlang des imposanten Gebirgszuges Wilder Kaiser ins Inntal. Mal rechts, mal links wandern die Pilger oberhalb des belebten Talbodens flussaufwärts. Fast stündlich stoßen sie auf abgelegene Kapellen, prächtige Kirchen, Burgen und Schlösser sowie sehenswerte Dörfer und Städte. Das so genannte "heilige Land Tirol" macht seinem Ruf alle Ehre, denn man kommt an vielen Wallfahrtsorten vorbei, die den Pilgern ihre beeindruckenden Geschichten erzählen. Hoch über dem Wallfahrtsweg grüßen die hohen Tiroler Berge die Pilger.

Wenn der Inn in Richtung Schweiz abbiegt, ist der einzige größere Pass auf dem österreichischen Jakobsweg der über den Arlberg, es sei denn, man möchte für diese Etappe auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Schließlich führt der Pilgerweg durch das schöne Vorarlberger Alpenvorland, bevor er bei Feldkirch die Grenze in Richtung Liechtenstein oder Schweiz überschreitet.

Das obere Inntal. ©Alfred Berghammer

Ich bin den österreichischen Jakobsweg schon mehrmals von Ost nach West gegangen. In der Hitze des Frühsommers bin ich durch Niederösterreich gepilgert. Ich habe das Inntal zweimal durchquert, das erste Mal im März, als ich insgesamt drei Monate lang von Salzburg nach Santiago de Compostela wanderte. Zu dieser Zeit war der Arlberg noch tief verschneit und von Lawinen bedroht. Mit Hilfe der Langlaufskier, die ich bei anderer Gelegenheit dort deponiert hatte, konnte ich diesen Pass jedoch mit Leichtigkeit überwinden. Als ich im Mai zum zweiten Mal in Tirol wanderte, war ich beeindruckt von der Farbenpracht und der Schönheit der Landschaft. Während die Fichtenfelder in den Bergen noch in der Sonne glänzen, blühen im Tal Blumen und Sträucher in ihrer üppigen Pracht. 

Von meinem ersten Jakobsweg - kurz nach meiner Pensionierung - kenne ich aber auch die Via Jacobi in der Schweiz, die Via Gebennensis und die Via Podiensis in Frankreich, den Camino Norte und den Primitivo in Spanien. Vor etwa zwei Jahren lernte ich auch den Französischen Weg in Spanien kennen. Ich habe meine Erfahrungen und Eindrücke von meinem Jakobsweg in Büchern gesammelt. Wenn ich die verschiedenen Jakobswege vergleiche, kann ich sagen, dass der österreichische Jakobsweg, was Attraktivität und Schönheit betrifft, seinen noch berühmteren Brüdern in nichts nachsteht.

Eine Sehnsucht im Herzen

Wer den Jakobsweg gegangen ist, hat so viel landschaftliche Schönheit gesehen und so viel spirituelle Tiefe erfahren - selbst wenn man die Strapazen und Entbehrungen berücksichtigt, die er vielleicht erlebt hat -, dass die Sehnsucht nach einem erneuten Aufbruch im Herzen bleibt. Diese Sehnsucht wird vor allem dann geweckt, wenn man in seiner unmittelbaren Umgebung einen Wegweiser oder ein Zeichen des Jakobsweges findet, wie in meinem Fall in Salzburg. Dann stellt man fest, dass es einen gut ausgeschilderten Weg gibt, der dort beginnt und über Tausende von Kilometern direkt zum Grab des Heiligen Jakobus von Compostela führt. Ultreia!

Der AutorAlfred Berghammer

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