– Dutzende Gebetsgruppen in Österreich, Südtirol, Deutschland, der Schweiz und in England, jedes Jahr ein großes Jugend-Festival in Salzburg mit 10 000 Teilnehmern. Was ist Loretto: ein großer Gebetskreis, eine Erneuerungs-Bewegung, die charismatische Erneuerung österreichischen Zuschnitts?
Die Loretto Gemeinschaft ist eine der neuen großen Aufbruchsbewegungen innerhalb der Katholischen Kirche Österreichs. Sie gehört zu den sogenannten „Movimenti, also neuen Initiativen, die man in den verschiedenen Ausprägungen und Spiritualitäten, mehr und mehr in unserer Kirche findet.
– Georg, du bist der Gründer der Loretto Bewegung. Wie seid ihr entstanden?
Unsere Wurzeln findet man in Medjugorje. Schon Mitte der 80er Jahre, also kurz nachdem die Erscheinungen der Muttergottes begannen, kam ich das erste Mal an diesen Gnadenort. Bei den folgenden Pilgerreisen war ich nicht mehr alleine, sondern mehr und mehr Jugendliche kamen mit. In den Ostertagen 1987, auf der Rückreise nach Österreich, sprachen mich 2 Jugendliche aus Wien an und sagten: Georg, nach diesen starken Erfahrungen hier in Medjugorje – lass uns doch zu hause mit irgendetwas beginnen. Eine Bitte der Muttergottes stand im Raum: „Gründet Gebetskreise“. Das war der Startschuss. Am 4.Oktober 1987 kamen wir in einer kleinen Studentenwohnung in Wien zu unserem ersten Gebetskreis zusammen. Wir waren zu Dritt, beteten gemeinsam einen Rosenkranz, aßen danach 3 Wurstsemmeln. Und das war‘s. Ganz unspektakulär und gleichzeitig sehr spannend.
– Was ist Euer Programm? Was sind Eure Ziele, und wie werden sie erreicht?
Unsere erste Berufung ist ganz sicher das Gebet. Das Gebet für eine Erneuerung der Kirche. Wir wollen überall in unserem Land und darüber hinaus, Räume schaffen, an denen Menschen dem Herrn begegnen und ihn erfahren können. Wir träumen von vielen lebendigen, pfingstlichen Orten mit vielen jungen Menschen, tiefer Gemeinschaft, guter Verkündigung, mitreißender Musik (Lobpreis), Beichte / Umkehr, die Eucharistie im Mittelpunkt. Darüber hinaus bieten wir diverse Schulungen und Programme im Bereich Jüngerschaft & Leiterschaft an, um so eine neue Generation an Schlüsselpersonen für das Reich Gottes heranzubilden.
– Gibt es ein „follow up“- Programm für Teilnehmende an den Angeboten, also Weiterührendes, Vertiefung und dgl.?
Unsere Programme sind inzwischen sehr vielfältig. Diese starten bei Kindergebetskreisen, Firmvorbereitung, Jugendgruppen, Jüngerschaftsausbildungen, Kongressen & Festivals, Vertiefung, immerwährende Anbetung. Von Jung bis Alt ist für Alle etwas dabei. Jeder der zu uns kommt kann selber entscheiden, welche Angebote er wahrnehmen möchte und in welcher Intensität. Außerdem bieten wir ein sogenanntes „Gemeinschaftsversprechen“ an, also einen ganz konkreten Schritt den man setzen kann, noch inniger mit Christus und aus den Quellen der Kirche zu leben. Dieses Versprechen legen wir grundsätzlich für ein Jahr ab, mit der Möglichkeit, es immer wieder zu erneuern.
– Was ist das Anziehende, das Besondere an Loretto?
Ganz sicher die Präsenz von ganz vielen Jungen Menschen, die alle mit großer Sehnsucht & Hingabe diesen Weg der Christusnachfolge beschreiten. Das ist unglaublich anziehend und reizvoll. Und gleichzeitig verbindet uns alle eine große Liebe zur Kirche, aus deren Quellen wir täglich schöpfen.
– Loretto hat als Emblem eine Taube: Welche Bedeutung hat der Heilige Geist bei Euch?
Unser Logo, die Rote Taube steht für den Hl.Geist, für sein Feuer und für Pfingsten. Wir träumen und beten für ein Neues Pfingsten, so wie es in Joel 3 geschrieben steht. Wir wissen uns in der großen Charismatischen Bewegung beheimatet, praktizieren die Gaben & Charismen des Hl.Geistes und rechnen jeden Tag neu mit erfrischenden Zeichen und Wundern, die der Herr in unserer Mitte wirkt.
– Du bist verheiratet, ihr habt vier Kinder, seit kurzem bist Du ständiger Diakon: Welche Bedeutung hat Loretto auf diesem Deinem Weg und für Deine Familie?
Für mich und auch meine Frau und unsere 4 Kinder ist es ein Riesengroßes Geschenk in so einer lebendigen Gemeinschaft beheimatet sein zu dürfen. In unserem Leben dreht sich so viel um den Herrn, um ein Leben in Nachfolge, um neue Projekte und Ideen für die Kirche und das Reich Gottes, um die Heiligung des Alltags, usw. Nachdem ich die Ehre habe, seit der 1.Stunde unserer Bewegung dabei sein zu dürfen, kann ich sagen, dass mich diese zurückliegenden 3 Jahrzehnte schon ganz besonders geprägt haben
– Was war Dein schönstes Erlebnis bisher mit Loretto?
Da gäbe es sicherlich ganz viele Momente, über die ich erzählen könnte, aber die jährlichen Pfingstreffen in Salzburg mit bis zu 10.000 Jugendlichen, zählen schon zu den absoluten Highlights. Diese dichten Augenblicke des Gebetes im Salzburger Dom, bei den Hl.Messen, den Lobpreiszeiten, beim Abend der Barmherzigkeit wenn bis zu 120 Priester für die Beichte zur Verfügung stehen. Diese strahlenden Augen der jungen Menschen mit dieser absoluten Sehnsucht, Jesus nachfolgen zu wollen – das ist ein bisschen ein Vorkosten des Himmels.
– Der überwiegende Teil Eurer Teilnehmer sind Jugendliche: Wie erreicht ihr sie? Kann sich die Pastoral in Österreich, können sich die Pfarren, die Diözesen etc. da etwas abschauen?
Da wo Jugendliche zusammenkommen, da kommen auch automatisch andere junge Leute dazu. Wenn sie das Angebot begeistert, nehmen sie ihre besten Freunde und ihre Geschwister mit. Niemand „evangelisiert“ so erfolgreich, wie junge Menschen. Sie sagen einfach zu ihren Freunden: Hey, komm mit. Das musst du auch erleben. Viele kommen und viele bleiben. Das „Programm“ das wir ihnen bieten, muss natürlich auf die Jugend gut abgestimmt sein. Der „Inhalt“ steht sowieso seit 2000 Jahren. Wir verkünden ihnen die volle Botschaft des Evangeliums, nicht nur das was sie vielleicht hören wollen. Absolut zentral ist JESUS. Bei uns geht es ganz ganz viel um Ihn. Also, der Inhalt steht. Unsere Aufgabe ist die Verpackung. Diese muss attraktiv und anziehend sein. Immer mehr Bischöfe, Priester und Jugendverantwortliche kommen und schauen was wir machen. Und überlegen, was sie für ihre Diözesen und Einrichtungen übernehmen könnten.
– Wie bekannt, ist Loretto in gutem Kontakt mit dem Erzbischof in Salzburg. Wie seid Ihr eingebunden in die Diözesen, wie ist Euer Kontakt zu Bischöfen und Pfarrern?
Als Gemeinschaft, die von der Österreichischen Bischofskonferenz anerkannt und im Herzen der Kirche beheimatet ist, ist es uns natürlich ein zentrales Anliegen, mit unseren Bischöfen und Verantwortungsträgern in engem und fruchtbarem Austausch zu stehen. Damit eine junge, lebendige und missionarische Gemeinschaft fruchtbar in eine Diözese eingebunden werden kann, braucht es nicht nur viel Guten Willen von allen Seiten, sondern auch regen Austausch und vor allem viele persönliche Beziehungen.
– Wie hat sich Loretto von einer kleinen Gruppe aus ausgebreitet? Gibt es Pläne zur Ausbreitung in anderssprachige Länder wie Italien, Frankreich, England, Spanien, Polen?
Die Loretto Gemeinschaft ist eigentlich ein großer Haufen von vielen Freunden. Freundschaft und lebendige Beziehungen sind das Herzstück unserer Bewegung. Und genau so breitet sich Loretto auch aus. Freunde, die bei uns dabei sind und dann woanders hingehen, aus beruflichen, familiären oder sonstigen Gründen, beginnen meist dort wo sie landen, wieder mit einem Loretto Gebetskreis oder Hauskreis oder einem kleinen Apostolat.
Ursprünglich sind wir eine Österreichische Gemeinschaft, die sich aber seit einigen Jahren in alle anderen deutschsprachigen Länder ausgebreitet hat. Inzwischen auch schon nach London/England. Konkrete Pläne gibt es bei uns eigentlich nie, es ist mehr ein Staunen, welche Türen der Hl.Geist als nächstes öffnet.
– Wie siehst Du die Situation der Kirche in Europa: Kann Loretto oder der Ansatz von Loretto ein Weg zur Erneuerung sein?
Die Kirche von morgen wird wohl, zumindest hier bei uns in Europa, um einiges kleiner sein, als die Kirche von heute, aber sie wird weiter sehr gut bestehen, weil sie auf Felsen gebaut ist und die Zusage Jesu nach wie vor gilt – die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwinden. Und ich bin davon überzeugt, dass sie wieder mehr und mehr eine Kirche von Bekennern werden wird. Viele werden wahrscheinlich gehen, weil sie die Tradition nicht mehr hält oder mehr noch, weil sie Jesus nicht persönlich erfahren und kennengelernt haben. Jene aber, die bewusst mit Jesus gehen, ihm nachfolgen und die Kirche als Seine Braut erkannt haben werden bleiben und entscheidend zur Erneuerung der Kirche beitragen.
Austria