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Eine spirituelle Schlagader durch Österreich (die Jakobswege)

Eine gut beschriebene und markierte Pilgerroute zieht sich über fast 800 Kilometer vom äußersten Osten (Wolfsthal) bis zum äußersten Westen (Feldkirch) durch Österreich. 

Alfred Berghammer·14 de agosto de 2021·Tiempo de lectura: 4 minutos
camino en austria

Eine gut beschriebene und markierte Pilgerroute zieht sich über fast 800 Kilometer vom äußersten Osten (Wolfsthal) bis zum äußersten Westen (Feldkirch) durch Österreich. In diesen Hauptast des Jakobswegs münden – wie die Verästelung feiner Adern – die einzelnen Zubringer. Dazu gehören der Jakobsweg Burgenland, in den zuvor eine Variante des ungarischen Jakobsweges gelangt. Aus dem Norden kommt der Jakobsweg Weinviertel. Aus Böhmen erreicht man über den Jakobsweg Oberes Mühlviertel und aus Bayern den Hauptast. Aus dem Süden mündet bei Innsbruck der südösterreichische Jakobsweg, der zuvor Graz, Slowenien, Kärnten, Osttirol und Südtirol berührt hat, ein.

Bild 1: Stift Göttweig

Wie komme ich zur Aussage, dass es sich um eine spirituelle Ader handelt? Ich meine damit gar nicht die Wirkungen, die ein Pilgerweg in Bezug auf Stille, Kontemplation und Nachsinnen über das eigene Leben in jedem Wanderer entfaltet, selbst wenn er (noch) nicht zu den Glaubenden gehört. Gemeint sind vielmehr die Perlen des Weges, nämlich viele der berühmtesten und herausragendsten Heiligtümer Österreichs. Ich zähle sie nur beispielsweise auf, denn ihre Zahl ist sehr groß. Den ersten Höhepunkt des Weges stellt der Stephansdom in Wien dar, der immer wieder auch als österreichisches Nationalheiligtum bezeichnet wird. Der Pilger oder die Pilgerin besuchen anschließend eine Auswahl der schönsten Klöster Österreichs, wie Göttweig und Herzogenburg in Niederösterreich, St. Florian und Lambach in Oberösterreich oder Fiecht und Stams in Tirol. Diese Klöster und andere geistliche Häuser stellen Pilgern gerne auch ihre Pilgerzimmer zur Verfügung. Immer wieder gelangt man zu beeindruckenden Wallfahrtsorten, ich nenne hier- wieder nur beispielsweise – Maria Taferl in Niederösterreich, Maria Plain in Salzburg oder den Georgenberg in Tirol. 

Darüber hinaus bemühen sich viele Gemeinden, den durchziehenden Jakobspilgern anhand von Bildtafeln wertvolle Gedanken mit auf den Weg zu geben. Ich nenne als Beispiel den Wegabschnitt von Gnadenwald nach Hall in Tirol mit mehreren wunderschönen Gedanken und Sinnsprüchen. Einer davon sei hier angeführt, weil er ermutigen könnte, sich auf den Jakobsweg zu begeben: „Glücklich die hungern und dürsten nach einem sinnerfüllten Leben, ihr Hunger und Durst wird gestillt werden. Wenn Sie immer das tun, was sie immer schon getan haben, werden sie immer das bekommen, was Sie immer schon bekommen haben“ (Paul Watzlawick). Soweit zu den spirituellen Aspekten, die keinen Wanderer auf diesem Jakobsweg völlig unberührt lassen werden. 

Die Beschreibung des österreichischen Jakobswegs wäre aber mehr als unvollständig, wenn ich nicht auch über die Schönheiten der Landschaften ins Schwärmen käme: Es beginnt bei den Donauauen bei Hainburg, führt durch die Kaiserstadt Wien über den Wienerwald und inmitten des Weltkulturerbes Wachau der Donau aufwärts nach Linz. Nach Durchschreiten des lieblichen oberösterreichischen Hügellandes gelangt man zu einer der schönsten Städte der Welt, Salzburg. Nach einer Durchquerung des bayrischen Rupertiwinkels geht es entlang des eindrucksvollen Gebirges des Wilden Kaisers ins Inntal. Einmal rechts, einmal links oberhalb der betriebsamen Talsohle wandert der Pilger und die Pilgerin flussaufwärts. Nahezu im Stundentakt trifft er oder sie auf beschauliche Kapellen, prachtvolle Kirchen, Burgen und Schlösser sowie sehenswerte Dörfer und Städte. Das sogenannte „Heilige Land Tirol“ wird seinem Ruf gerecht, weil so viele Wallfahrtsorte durchwandert werden, die den Pilgernden ihre eindrucksvolle Geschichte erzählen. Hoch oben über dem Pilgerweg grüßen die hohen Berge Tirols. Wenn der Inn zu seinem Ursprung Richtung Schweiz abbiegt, gilt es mit dem Arlberg den einzigen namhaften Pass des österreichischen Jakobswegs zu überwinden, sofern man nicht für diese Etappe auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt. Zuletzt führt der Pilgerweg noch durch die liebliche Voralpenlandschaft Vorarlbergs, ehe man in Feldkirch die Grenze Richtung Liechtenstein oder Schweiz überschreitet.

Bild 2: Oberinntal

Ich bin den österreichischen Jakobsweg von Ost nach West zu verschiedenen Zeiten gegangen. Durch Niederösterreich pilgerte ich in der Hitze des Frühsommers. Das Inntal durchschritt ich zweimal, das erste Mal im März bei meinem Weg von Salzburg nach Santiago de Compostella über insgesamt drei Monate. Der Arlberg war zu dieser Zeit noch tief verschneit und von Lawinengefahr bedroht. Mit Hilfe von Tourenschiern, die ich bei einer anderen Gelegenheit dort deponiert hatte, konnte ich diesen Pass aber gut überwinden. Das zweite Mal wanderte ich in Tirol im Mai und war begeistert über die Farbenpracht und landschaftliche Schönheit. Denn während auf den Bergen noch die Firnfelder in der Sonne gleißten, blühten im Tal die Blumen und Büsche in ihrer üppigen Pracht. Von meinem ersten Jakobsweg – gleich nach meiner Pensionierung – kenne ich aber auch die Via Jacobi in der Schweiz, die Via Gebennensis und die Via Podiensis in Frankreich, den Camino Norte und Primitivo in Spanien. Vor etwa zwei Jahren lernte ich auch noch den Camino Frances in Spanien kennen. Meine Erlebnisse und Eindrücke aus meinen Jakobswegen habe ich in Büchern festgehalten. Im Vergleich der verschiedenen Jakobswege darf ich behaupten, dass der österreichische Jakobsweg an Attraktivität und Schönheit gegenüber den noch berühmteren Geschwistern keinesfalls zurückbleibt. 

Wer einmal den Jakobsweg gegangen ist, hat dabei – auch unter Berücksichtigung dabei erlebter Strapazen und Entbehrungen – so viel an landschaftlicher Schönheit gesehen und spiritueller Tiefe erlebt, dass die Sehnsucht, sich wieder auf den Weg zu begeben, im Herzen bleibt. Geweckt wird diese Sehnsucht vor allem immer dann, wenn man in seiner unmittelbaren Heimat, wie bei mir in Salzburg – auf einen Wegweiser oder ein Hinweisschild zum Jakobsweg trifft. Dabei wird einem bewusst, dass es, von diesem Ort ausgehend, einen gut beschilderten Weg gibt, der über tausende Kilometer unmittelbar zum Grab des Hl. Jakobus in Santiago de Compostella führt. Ultreia!

El autorAlfred Berghammer

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