Wie leicht können wir Dinge falsch verstehen, und wie leicht können wir Gottes Botschaft und Pläne falsch verstehen. Wir sehen es im heutigen Evangelium. Unser Herr hatte gerade sein bevorstehendes Leiden und seinen Tod in Jerusalem angekündigt, das genaue Gegenteil von menschlichem Ruhm und politischem Erfolg. Und gleich darauf bitten Jakobus und Johannes um genau das. Sie stellten sich vor, dass Jesus ein politisches Königreich errichten und Israel wieder groß machen würde.
Anstatt sich zu ärgern, reagiert Jesus geduldig: "Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, oder mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werden werde?". Das heißt, der Kelch des Leidens und die Taufe seines Todes. Unser Herr sagt also: "Seid ihr bereit, mein Leiden und meinen Tod zu teilen, damit ihr an meiner Auferstehung teilhaben könnt?". Sie antworten: "Wir können". Aber sie haben keine Ahnung, wovon sie reden.
Sein nackter Ehrgeiz macht die anderen Jünger wütend, und so muss Jesus ihnen allen eine Lektion über das Wesen seines Reiches erteilen. Im Reich Gottes geht es nicht darum, dass jeder versucht, an der Spitze zu stehen, wie in den heidnischen Königreichen: "...im Reich Gottes geht es nicht darum, dass jeder versucht, an der Spitze zu stehen, wie in den heidnischen Königreichen".Bei euch soll es nicht so sein. Im Reich Gottes, dem Beispiel Jesu folgend, heißt herrschen dienen. Wahre Größe ist Dienst, auch wenn dieser Dienst zuweilen durch die Ausübung von Autorität ausgeübt werden muss. So sehen wir Autorität einfach als eine andere Form des Dienens an, indem wir eine Last zum Wohle anderer auf uns nehmen.
Wie Jakobus und Johannes können wir uns nach Ruhm sehnen, ohne uns anzustrengen oder Opfer zu bringen. Aber das Christentum verlangt notwendigerweise Opfer. Unser Symbol ist ein gekreuzigter Mann. Wir beten einen Mann an, der unter Qualen gestorben ist, der aber auch Gott ist. Die heutige erste Lesung aus dem Propheten Jesaja ist eine Prophezeiung, die gerade das Leiden Jesu ankündigt.
Unser Weg ist nicht, vor dem Leiden zu fliehen, sondern es in Liebe zu verwandeln: aus Liebe zu leiden, aus Liebe zu Gott, vereint mit Christus am Kreuz, und aus Liebe zu den anderen, indem wir unser Leiden für ihr Heil aufopfern.
Deshalb sollten wir das Leiden niemals als Fluch oder Strafe betrachten. Es ist ein Segen Gottes, eine neue Art, ihn und andere zu lieben und ihnen zu dienen, eine neue Art zu herrschen: Könige über unseren eigenen Körper zu sein, indem wir den Schmerz in Gebet verwandeln. Es ist eine neue Art, den Kelch und die Taufe Christi zu teilen.
Wir wollen dienen, nicht herrschen, oder wenn wir herrschen müssen, dann nur um zu dienen. Das ist der christliche Weg: das Leiden zu suchen und nicht das Vergnügen, den Dienst und nicht die Macht. Kein Wunder, dass das Christentum so missverstanden wird. Kein Wunder, dass wir es oft selbst missverstehen.
Predigt über die Lesungen des 29. Sonntags im Jahreskreis (B)
Der Priester Luis Herrera Campo bietet seine nanomiliaEine kurze, einminütige Reflexion zu diesen Sonntagslesungen.