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Straßen Europas: Deutschland. Die germanischen Straßen

In den letzten Jahren ist das Interesse an Pilgerreisen in Deutschland wieder gestiegen, insbesondere am Jakobsweg, der auch bei Protestanten sehr beliebt ist.

José M. García Pelegrín-23. August 2021-Lesezeit: 2 Minuten
Rothenburg ob der Tauber

Die erste bekannte Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela aus deutschem Gebiet geht auf die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück: Einer urkundlichen Quelle zufolge pilgerte Graf Eberhard VI. von Nellenburg - nördlich des Bodensees - mit seiner Frau Ita im Jahr 1070 nach seiner zweiten Pilgerfahrt nach Rom nach Santiago. Nach seiner Rückkehr aus Santiago trat Eberhard VI. "der Selige" als Laienbruder in das von ihm selbst gegründete Kloster Allerheiligen ein, während Ita sich mit einer Gruppe frommer Frauen nach Schaffhausen zurückzog.

Im Mittelalter gelangten die mitteleuropäischen Pilger über Handels- und Militärstraßen an die spanisch-französische Grenze, insbesondere über die "Via Regia" (Königsstraße), die im 8. und 9. Jahrhundert das gesamte Heilige Römisch-Germanische Reich durchquerte. Mit der Reformation gingen die Wallfahrten zurück, vor allem in Norddeutschland.

Nach der Wiederbelebung der Jakobswege ab den 1980er Jahren wurden auch in Deutschland verschiedene Routen ausgeschildert - derzeit sind es insgesamt etwa 30 - mit der Besonderheit, dass ausgerechnet ein evangelischer Pfarrer, Paul Geissendörfer, 1992 einen Jakobsweg von Nürnberg nach Rothenburg ob der Tauber markierte, der zur Keimzelle des "Fränkischen Jakobsweges" (1995) werden sollte. Neu hinzugekommen sind 2005 die "Jakobswege in Norddeutschland" mit zwei Abzweigungen, der Via Baltica und der Via Jutlandica, die das Ergebnis einer deutsch-dänischen Kooperation sind.

Der bekannte Komiker Hape (Hans-Peter) Kerkeling trug mit seiner 2006 erschienenen autobiografischen Erzählung Ich bin dann mal weg - Meine Reise auf dem Jakobsweg wesentlich zur Verbreitung des Jakobsweges in Deutschland bei; mit einer Auflage von mehr als sieben Millionen Exemplaren führte es 103 Wochen lang (von 2006 bis 2008) die prestigeträchtige deutsche Bestsellerliste des Wochenmagazins Der Spiegel an; eine Verfilmung wurde 2015 ebenfalls gedreht. Kerkeling begibt sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens, meidet dabei aber die "klassischen" christlichen Pilger ("Sie werden die Reise so beenden, wie sie sie begonnen haben") und sucht das "Seltene und Exotische". Der Erfolg dieses Buches zeigt, dass die meisten Deutschen den Camino nicht aus der Motivation einer traditionellen Pilgerreise heraus gehen. Dennoch trug sie dazu bei, dass die Zahl der Deutschen, die den Camino im Jahr 2007 wanderten, um 74 Prozent stieg.

Andererseits spiegelt sich die große Beliebtheit des Camino, unabhängig von der Konfession, in seiner Verbreitung gerade in traditionell protestantischen Regionen wider; so wurde beispielsweise 2011 die Jakobusgesellschaft der Region Brandenburg-Oder gegründet, die sich - laut eigener Website - um "die Belange der Pilger und Jakobspilger in Berlin, Brandenburg und angrenzenden Regionen" kümmert. Und sie fügt hinzu: "Die vielfältige Zusammensetzung der Mitglieder spiegelt das wider, was der Anlass für die Gründung und die Ziele des Vereins war: das Interesse und die Freude am Reisen auf den Wegen nach Santiago de Compostela". Wie andere regionale Vereinigungen wollen sie insbesondere die Wege ausschildern, Informationstafeln aufstellen und sie mit dem europäischen Netz des Camino verbinden, "um zur europäischen Zusammenarbeit und zur internationalen Verständigung beizutragen".

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