Die 127. Vollversammlung der Spanischen Bischofskonferenz wurde mit einer Rede von Mons. Luis Argüello, Präsident der EWG, eröffnet, in der er auf die Herausforderungen einging, denen sich die Kirche im gegenwärtigen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Kontext gegenübersieht, und zur Suche nach dem Gemeinwohl aufrief.
Die Rede zeichnete sich durch ihr hohes intellektuelles Niveau und die Solidität seiner Argumente aus, die seinem üblichen Stil entsprechen. Seine Überlegungen betonten die Notwendigkeit, in einer von Individualismus und Unmittelbarkeit geprägten Gesellschaft die zentrale Bedeutung der Person und der Transzendenz wiederzugewinnen.
Zunächst dankte er dem Nuntius Bernardito Azúa für seine jahrelange Arbeit in Spanien. Er bat auch um Gebete für die Gesundheit von Papst Franziskus und für die Einheit der Kirche in diesen unsicheren Zeiten.
Dem radikalen Individualismus entgegentreten
Eines der zentralen Themen der Ansprache war eine Warnung vor dem heute vorherrschenden anthropologischen Modell. Erzbischof Argüello prangerte an, dass viele der jüngsten Gesetzgebungen, "die sich auf das Leben, die Ehe, das Geschlecht und die Geschlechter beziehen, den autonomen und ermächtigten Individualismus als die Anthropologie des Bezugs weihen, in der die Ideologie fast auf die Biologie verzichtet". Er zitierte die Transhumanismus als eine der wichtigsten Herausforderungen für die Gesellschaft.
In diesem Sinne betonte er, dass das Leben ein Geschenk sei und nicht eine Frage der Macht oder der absoluten Selbstbestimmung. Der Erzbischof bedauerte, dass diese Sichtweise die Gesellschaft durchdrungen hat und die Identität und den Sinn für Gemeinschaft verwischt. Demgegenüber betonte er die Notwendigkeit einer Kultur, die auf Interdependenz und Solidarität beruht, in der jeder Mensch in seiner Würde und in seiner Beziehung zu den anderen anerkannt wird.
Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit
Der Prälat ging auch auf den Einfluss der Wirtschaft auf die Gestaltung des sozialen Gefüges ein und wies darauf hin, dass das derzeitige System ein Modell fördert, das auf Konsumdenken und der Manipulation individueller Wünsche beruht. "Die vorherrschende Wirtschaft fördert Spielregeln, die auf der Fähigkeit des Angebots beruhen, die Nachfrage durch die Manipulation des Herzens, des Begehrens mit Versprechungen eines guten Lebens oder zumindest eines unterhaltsamen oder kurzzeitig zufriedenen Lebens zu steuern", warnte er.
Angesichts dieser Realität verteidigte er ein Wirtschaftsmodell, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht nur die Rentabilität. Er erinnerte daran, dass die Kirche in ihrer Soziallehre auf der Notwendigkeit einer Wirtschaft des Gemeinwohls besteht, die den Unterhalt der Familien, menschenwürdige Arbeit und den Schutz der Schwächsten garantiert.
Berufung und Sendung der Kirche in der Welt von heute
Ein weiterer zentraler Punkt der Ansprache war die Mission der Kirche in der heutigen Gesellschaft. Erzbischof Argüello erinnerte daran, dass die kirchliche Gemeinschaft "nicht auf Projekten aufgebaut ist, sondern auf der Nächstenliebe, die angenommen, verkörpert, geteilt und in einer berufsmäßigen Weise angeboten wird". Er erklärte, dass die Kirche ein lebendiges Zeugnis des Dienstes und der Hingabe sein muss, fernab von der Logik der Macht und des unmittelbaren Erfolgs.
Er betonte auch die Bedeutung der Berufung als Antwort auf die Kultur der "unersättlichen Ermächtigung". In einer Welt, in der der Einzelne ständig versucht, sich durch Erfolg und Selbstgenügsamkeit zu behaupten, wies der Erzbischof darauf hin, dass wahre Erfüllung in großzügiger Selbsthingabe und Gehorsam gegenüber Gottes Willen zu finden ist.
In einem hoffnungsvollen Ton erinnerte der Prälat daran, dass die Kirche dazu berufen ist, Licht inmitten der Unsicherheit zu sein. "Wir feiern das Ostergeheimnis in der Zeit, in der Geschichte, weil wir wissen, dass Jesus der Herr der Zeit ist", sagte er. Aus dieser Gewissheit heraus lud er die Gläubigen ein, "Pilger der Hoffnung" zu sein und Schwierigkeiten mit Glauben und Vertrauen in die göttliche Vorsehung zu begegnen.
Globale Belange und die Zukunft der Kirche
Erzbischof Argüello vernachlässigte nicht die Herausforderungen, vor denen die Kirche heute steht, sowohl intern als auch extern. Er zeigte sich besorgt über die weltweite Situation, die von Konflikten, Wirtschaftskrisen und zunehmender sozialer Fragmentierung geprägt ist.
In diesem Zusammenhang betonte er die Bedeutung der Synodalität als Mittel zur Stärkung der kirchlichen Gemeinschaft. "Wir sind ein Volk und ein Weg", bekräftigte er und betonte, dass die Mitverantwortung und die Beteiligung aller Gläubigen für die Mission der Kirche in der heutigen Welt wesentlich sind.
Ein Aufruf zur Wiedergewinnung der christlichen Identität
Die Rede schloss mit einer Aufforderung, die christliche Identität in einer Welt wiederzufinden, die sie in den Hintergrund gedrängt zu haben scheint. Erzbischof Argüello warnte, dass die Säkularisierung und der Relativismus die Werte geschwächt haben, die die europäische Gesellschaft historisch getragen haben.
Der Prälat betonte, dass die Werte des Evangeliums wie Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe grundlegend für den Aufbau einer gerechteren und brüderlicheren Gesellschaft sind. In diesem Sinne ermutigte er die Christen, ihren Glauben konsequent zu leben und Zeugen für das Evangelium zu sein. Blickpunkt Evangelium in allen Bereichen des Lebens.
Trump und die neue internationale Ordnung
In seiner Rede hob Mgr. Luis Argüello hervor, dass die Machtübernahme durch Donald Trump einen Wendepunkt in der internationalen Ordnung darstellt. Er erklärte, dass dieses Phänomen zur Fragmentierung des geopolitischen Systems beigetragen hat.
Argüello stellte fest, dass "die alten und neuen geopolitischen Pole, zwischen denen Europa seinen Platz sucht, eine merkwürdige Gemeinsamkeit aufweisen, nämlich die Bedeutung, die die staatlichen Stellen dem religiösen Phänomen beimessen - Russland und das orthodoxe Christentum, die arabischen Staaten und der Islam, China und die Wiederbelebung von Konfuzius; In Indien versucht die Regierungspartei, den Hinduismus als zentrale Identität zu etablieren; in den Vereinigten Staaten bleibt der Wert, den sie ihrem Mosaik von christlichen Konfessionen beimisst, wichtig, wobei die "Wohlstandstheologie" eine besondere Rolle spielt.
Die Migrationskrise und die Kirche
Argüello wies darauf hin, dass die von einigen Seiten religiös begründete Migrationspolitik der USA eine intensive Debatte über die Konzeption des "ordo amoris" und die Rolle der "Theologie des Wohlstands" im amerikanischen Christentum ausgelöst hat.
In Bezug auf Spanien sprach er die Auswirkungen der jüngsten Reform der Verordnung des Ausländergesetzes an, die zwar als Argument benutzt wurde, um die Bearbeitung der von der Kirche und anderen Organisationen unterstützten Volksinitiative (ILP) zu stoppen, aber immer noch Tausende von Menschen in einer "rechtlichen und existenziellen Schwebe" lässt. Dazu gehören diejenigen, die die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsgenehmigung nicht erfüllen, Menschen ohne Papiere, die keine Möglichkeit der Legalisierung haben, und Menschen, die aufgrund von Alter oder Krankheit Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden.
Die spanische Bischofskonferenz hat die wichtigsten politischen Parteien aufgefordert, den Dialog wieder aufzunehmen und das ILP zu überdenken, um diesen Menschen eine gerechtere Lösung zu bieten.
Suche nach dem Gemeinwohl
Im letzten Teil seiner Rede rief Mgr. Argüello zu einem "sozialen Bündnis für die Hoffnung" auf und griff damit die Einladung von Papst Franziskus auf. Er schlug vor, den Dialog über die Organisation der Gesellschaft und das Konzept des "Wir" zu fördern und betonte die Notwendigkeit, fragmentierte Identitäten und Korporativismus zu überwinden.
Ihr Ansatz zielt auf eine Gesellschaft mit stärkerem Zusammenhalt ab, in der menschliche Beziehungen und der Aufbau des Gemeinwohls an erster Stelle stehen.
Die Rede des Nuntius
Nach den Worten Argüellos bedankte sich Bernardito bei den Bischöfen für ihren Empfang und ihre Unterstützung während seines Aufenthalts in Spanien und bat um Gebete für den Papst. Er dankte auch der spanischen Bevölkerung für die herzliche Aufnahme in den verschiedenen Städten, die er besucht hat.
Am Ende seiner Rede überreichte Luis Argüello ihm Kopien des Stundengebets, "damit er überall auf Spanisch beten kann".