Familie

Reziprozität zwischen Glaube und Ehe

Rafael Díaz Dorronsoro-8. Mai 2020-Lesezeit: 6 Minuten
Trotz aller Schwierigkeiten konnte dieses amerikanische Paar heiraten.

Nach der allgemeinen Darstellung des Dokuments durch Professor Pellitero wenden wir uns nun dem vierten Punkt zu, in dem es um die Gegenseitigkeit von Glaube und Ehesakrament geht. Diese besondere Aufmerksamkeit ist auf den großen Einfluss zurückzuführen, den das Verständnis dieser Gegenseitigkeit derzeit im pastoralen und kirchlichen Bereich hat.

Die Theologie hat die Aufgabe, die Tätigkeit der Seelsorger und der kirchlichen Gerichte bei der Klärung der Beziehung zwischen dem Glauben und dem Ehesakrament zu leiten. Die theologische Reflexion ist noch nicht zu einem einheitlichen Verständnis dieser Frage gelangt, und die Kommission hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Beitrag zur Debatte zu leisten, indem sie sich mit dem Problem der Feier von nicht gläubigen Getauften befasst, die sie definiert als "jene Personen, bei denen es keinen Hinweis auf den dialogischen Charakter des Glaubens gibt, der der persönlichen Antwort des Gläubigen auf das sakramentale Gespräch mit dem trinitarischen Gott eigen ist". (n. 144).

Die Kommission weist auf zwei Lehrgrundsätze hin, die die derzeitige kanonische Praxis prägen. Würden sie unterschiedslos auf diese Kategorie von getauften Nichtgläubigen angewandt, so würde dies nach Ansicht der Kommission zu einer "sakramentaler Automatismus (vgl. Nr. 132). Von diesen beiden Grundsätzen ist der erste, daß die Absicht, ein Sakrament zu feiern, für die gültige Feier des Ehesakramentes nicht erforderlich ist, sondern nur die Absicht, eine natürliche Ehe einzugehen (vgl. Nr. 132). Der zweite Grundsatz, der in can. 1055 § 2 des Codex des kanonischen Rechts verankert ist, besagt, daß jeder gültige Ehevertrag zwischen Getauften gerade deshalb ein Sakrament ist, d.h. es ist nicht möglich, daß zwei Getaufte eine wahre Ehe schließen, die kein Sakrament ist (vgl. Nr. 143).

Gerade dieser zweite Grundsatz - gemeinhin als "Untrennbarkeit von Vertrag und Sakrament" bezeichnet - ist Gegenstand der aktuellen theologischen Debatte. Um den Vorschlag der Kommission zu kontextualisieren, stellen wir kurz die beiden gängigsten theologischen Positionen vor. Zum einen die Verfechter des Untrennbarkeitsprinzips, die es mit dem Hinweis auf die Taufe als Grund für die Sakramentalität rechtfertigen: Eine Ehe ist ein Sakrament, weil die Eheleute getauft sind. Zweitens: Diejenigen, die den Grundsatz der Untrennbarkeit mit dem Argument ablehnen, dass zwei getaufte Ungläubige zwar eine echte Ehe eingehen können, diese aber nicht sakramental sei. Sie begründen dies damit, dass der Glaube ein konstitutives Element der Sakramentalität der Ehe ist.

Nachdem das Dokument die wichtigsten Interventionen des gegenwärtigen Lehramtes und anderer offizieller Gremien vorgestellt hat, schließt es mit einem theologischen Vorschlag, der als kongruent mit der Gegenseitigkeit von Glaube und Sakramenten dargestellt wird, ohne die gegenwärtige Theologie der Ehe zu leugnen (vgl. Nr. 134). Der Vorschlag wird wie folgt formuliert.

Die Kommission hält fest, dass der Glaube der Ehegatten für die gültige Feier des Ehesakraments notwendig ist. In Bezug auf die Taufe weist sie ausdrücklich darauf hin, dass es ein Irrtum wäre, die Sakramentalität der Ehe allein mit der Taufe zu begründen (vgl. Nr. 41-e und 78-e). Akzeptiert sie also, dass zwei getaufte Ungläubige eine echte Ehe feiern können, ohne dass diese aufgrund des fehlenden Glaubens ein Sakrament ist? Die Antwort ist negativ. Das Dokument bekräftigt, dass "In Anbetracht des gegenwärtigen Stands der katholischen Lehre scheint es angebracht, an der heute am weitesten verbreiteten Auffassung von der Untrennbarkeit von Vertrag und Sakrament festzuhalten". (n. 166-e).

Das Dokument versucht, die Thesen von der Notwendigkeit des Glaubens für die gültige Feier des Ehesakraments und der Untrennbarkeit von Vertrag und Sakrament auf der Grundlage der Beziehung zwischen dem Glauben und der Absicht, eine Ehe zu schließen, gemäß der natürlichen Realität der Ehe zu harmonisieren. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass die Vorstellung eines Christen von der Ehe stark vom Glauben und von der Kultur, in der er oder sie lebt, geprägt ist und dass die heutige, stark säkularisierte Gesellschaft ein Ehemodell präsentiert, das in krassem Gegensatz zur Lehre der Kirche über die Realität der natürlichen Ehe steht. Die Schlussfolgerung ist, dass heute nicht garantiert werden kann, dass getaufte Ungläubige aufgrund ihres fehlenden Glaubens die Absicht haben, eine natürliche Ehe einzugehen, obwohl dies nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. Nr. 179). Die praktische Konsequenz ist, daß - in Übereinstimmung mit der gegenwärtigen Praxis - die getauften Ungläubigen nicht zur Feier des Ehesakramentes zugelassen werden sollen, wenn wegen ihres fehlenden Glaubens ernsthafte Zweifel an einer Absicht bestehen, die die Güter der natürlichen Ehe, wie sie von der Kirche verstanden wird, einschließt (vgl. Nr. 181).

Für die Kommission zeigen diese Tatsachen, dass ein absoluter sakramentaler Automatismus nicht zugelassen werden kann, da der Glaube der Ehegatten die Absicht prägt, das zu tun, was die Kirche tut. Andererseits haben getaufte Ungläubige nicht die Möglichkeit, zu heiraten, ohne dass ihre Ehe sakramental ist, denn sie werden nur dann nicht zur Feier des Ehesakraments zugelassen, wenn sie nicht gemäß der natürlichen Realität der Ehe heiraten wollen. Getaufte Nichtgläubige heiraten entweder, und die Ehe ist ein Sakrament, oder sie heiraten nicht.

Vor diesem Hintergrund und unter der Annahme, dass eine gültige Zustimmung den Glauben voraussetzt, ist die Argumentation der Kommission, dass der Glaube konstitutiv für das Ehesakrament ist, meiner Meinung nach nicht überzeugend. 

Erstens, weil sich gezeigt hat, dass der Glaube ebenso wie die Kultur einen Einfluss auf die Gestaltung des christlichen Eheideals hat. Der Schritt von dieser Prämisse zu der Schlussfolgerung, dass der Glaube für die Ehe notwendig ist, scheint nicht nachgewiesen worden zu sein. 

Zweitens wegen der Begründung, die er für die Notwendigkeit des Glaubens für die Feier der Sakramente im zweiten Kapitel gibt. In diesem Kapitel wird eingeräumt, dass mit der Gültigkeit der Feier des "wird in einer Fachsprache übertragen, die man als res et sacramentum"Die Kirche hat eine andere Wirkung als die der Gnade (z.B. der Charakter in der Taufe). Er warnt jedoch, dass "Eine kirchliche Praxis, die sich nur um die Gültigkeit kümmert, schadet dem sakramentalen Organismus der Kirche, da sie ihn auf einen seiner wesentlichen Aspekte reduziert".indem es nicht berücksichtigt, dass "Die Sakramente zielen darauf ab und erhalten ihre volle Bedeutung durch die Weitergabe des bzw.der dem Sakrament eigenen Gnade". (vgl. Nr. 66). Die Kommission geht noch einen Schritt weiter: Die Sakramente sind nämlich auf das Heil - auf die Gabe der heiligmachenden Gnade - ausgerichtet, die durch den Glauben erlangt wird, "Die sakramentale Logik beinhaltet als wesentlichen Bestandteil die freie Antwort, die Annahme der Gabe Gottes, mit einem Wort: den Glauben". (n. 67).

Dieser letzte Schritt scheint etwas zu fehlen. Wenn die Feier eines Sakraments gültig, aber nicht fruchtbar sein kann, und niemals fruchtbar, aber nicht gültig ist, ergeben sich folgende Schlußfolgerungen: a) daß die für die Gültigkeit notwendigen Bedingungen auch für die Fruchtbarkeit notwendig sind; b) daß die für die Fruchtbarkeit notwendigen Bedingungen nicht immer für die Gültigkeit notwendig sind. 

Wenn die Kommission die Notwendigkeit des Glaubens für die Fruchtbarkeit hervorhebt, rechtfertigt dies allein noch nicht, dass er für die Gültigkeit notwendig ist. Und genau daran erinnert uns der heilige Johannes Paul II, "die primäre und unmittelbare Wirkung der Ehe (res et sacramentum) ist nicht die übernatürliche Gnade selbst, sondern der christliche Ehebund, eine typisch christliche Zweiergemeinschaft, weil sie das Geheimnis der Menschwerdung Christi und sein Geheimnis des Bundes darstellt". (Ex. Ap. Familiaris consortio, n. 13).

Die Behauptung, der Glaube sei für das Ehesakrament konstitutiv, führt zu folgendem Paradoxon. Erinnern wir uns daran, dass die Ehe formell eine Verbindung ist, die zum Sakrament erhoben wurde. Das Sakrament der Ehe beschränkt sich nicht auf den Moment der Feier, sondern ist ein dauerhaftes Sakrament. Wenn wir die Sakramentalität der Ehe auf den Glauben der Eheleute stützen, hätten wir es mit einem zeitweiligen und nicht mit einem dauerhaften Sakrament zu tun: Wenn zwei christliche Eheleute ihren Glauben aufgeben, zu einer anderen Religion konvertieren und schließlich die Lehre der Kirche über die natürliche Realität der Ehe ablehnen, dann würde ihrer Ehe die Grundlage für die Sakramentalität fehlen und sie wäre nicht mehr von einer heidnischen Ehe zu unterscheiden.

Ein angemessener Weg, sich diesem Thema zu nähern, besteht darin, von der Ehe als einer dauerhaften Realität auszugehen und ihren Heilswert in der gesamten Heilsgeschichte zu verstehen. Auf diese Weise gelangt man zu den folgenden Überlegungen, die das Verhältnis zwischen dem Glauben und dem Ehesakrament beleuchten:

a) daß in der einen Heilsgeschichte, so wie Adam ein Typ oder eine Gestalt von Christus ist, der Bund zwischen Adam und Eva ein Typ oder eine Gestalt des Bundes zwischen Christus und der Kirche ist; und so wie jeder Mensch eine persönliche Beziehung zu Christus hat - ob bewußt oder unbewußt -, weil Gott ihn in Christus ins Dasein und ins Heil ruft, so hat jede Ehe eine Beziehung zu dem Bund zwischen Christus und der Kirche, weil sie ihren Ursprung in Gott hat, um in der Menschheit seinen Plan der schöpferischen und erlösenden Liebe zu verwirklichen; 

b) dass die Ehe - wie die Arten der unmittelbaren Einsetzung im Alten Testament - von Gott als "Sakrament" des Alten Gesetzes eingesetzt wurde, das die Gnade nicht aus sich selbst heraus, sondern durch den impliziten Glauben an das Geheimnis der Menschwerdung Christi in der Ehe verleiht;

c) und dass dieser Heilswert der Ehe bei den Heiden nach der Menschwerdung des Gottessohnes erhalten bleibt und bei den Getauften die Würde eines Sakraments des neuen Gesetzes erlangt, weil die Schöpfungsehe selbst zum Sakrament erhoben wird.

Der AutorRafael Díaz Dorronsoro

Professor für Sakramententheologie, Päpstliche Universität vom Heiligen Kreuz (Rom)

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